WORTKLANG

22. Dez 2010
SÜDKURIER NR. 296 / 66. JAHR / FN: 24

„Mach's wie Gott, werde Mensch“

Andrea Büchner

„Bereit sein für den, der kommt, das ist wohl das, was mit Advent gemeint ist“, überlegt Günter Weber. Die Friedrichshafener Gruppe „Wortklang“ nimmt ihr Publikum mit ihrem Programm „Lyrik und Lieder zu Weihnachten“ mit auf eine adventliche Reise, die nicht immer nur bequem und gemütlich ist.

Künstlerisch anspruchsvoll erfüllen „Wortklang“ einmal mehr die Erwartungen des Publikums. Mitten in das von Saxofon (Rainer Oswald), Klavier (Andreas Glatz) und Bassgitarre (Ralf Berner) wunderbar instrumentierte altbekannte Kirchenlied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ hinein fordert Günter Weber mit Zeilen von Rudolf Otto Wiemer die Hörer eindringlich und warnend auf, die Ankunft des Sohnes nicht zu verpassen: „Holt den Sohn vom Bahnhof ab“ – er kommt, wann weiß man nicht genau, aber er kommt; und er kommt nur einmal. Bei genauerem Hinsehen ist längst nicht alles so klar, wie es scheint und Fragen nach Gott dürfen, ja müssen gestellt werden. Wann kommt Gott? Oder ist er vielleicht schon längst da? Und wie kommt er: als König oder als Bettler? Menschliche Vorstellungen und Erwartungen können falsch sein.

Advent steht für die Sehnsucht des Menschen, Sehnsucht nach Gott und Sehnsucht nach einer heilen Welt. „Maria durch ein Dornwald ging“ oder „Ich steh an deiner Krippe hier“, von Gerhard Schöne modern interpretiert, laden zum Nachdenken ein: „Das Leben, das ist mir geschenkt, es besteht nur aus Terminen.“ Besteht eine Form von Armut darin, keine Zeit zu haben? Gott im Nächsten zu entdecken, dazu fordert Andreas Glatz in seinen selbstgeschriebenen, teils getragenen bis rhythmischen Liedern auf. Und mit seinem „Mach's wie Gott, werde Mensch“ zeigt er auf, dass Gott den Menschen einen einfachen Weg gebahnt hat, ihm zu begegnen. Einem roten Faden gleich zieht sich diese Botschaft durch den Abend: „Im Nächsten ist Gott schon da“.

„Wortklang“ reduzieren Weihnachten nicht auf adventliche Stimmung und das unkritische Erzählen der Weihnachtsgeschichte, auf das niedliche kleine Kind in der Krippe. Musikalisch hervorgehoben mit dem Klang der Flöte (Rainer Oswald) nehmen sie ihre Hörer mit in die Kälte und Dunkelheit der heiligen Nacht zu den Hirten. Vor diesem Hintergrund mit der „Hirtenstrophe“ von Peter Huchler treffend beschrieben, verliert das Geschehen um Jesu Geburt alles Wärmende und Behagliche.

Doch selbstverständlich hat auch die kindliche Weihnachtsfreude bei Wortklang ihren Platz. Im „Dezember psalm“ von Hanns Dieter Hüsch legt Günter Weber seine ganze kindliche Vorfreude und Erregung hinein. Denn trotz aller Unsicherheit über göttliche Ankunft und menschliche Bereitschaft bleibt zum Schluss: Jesus kommt, das ist gewiss.

Das Konzert am vergangenen Freitagabend in der Kapelle der Bodenseeschule St. Martin fand zugunsten der Neugestaltung der Kapelle statt. Am Samstag und Sonntag gaben „Wortklang“ zwei weitere Aufführungen im Bonhoefferhaus und in der Tettnanger Schlosskirche.